Schwerbehinderung/ Behinderung Allgemeines

Begonnen von Ann, 13:13, 18.02.2011

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Ann

Eine Behinderung wird laut Sozialbuch (§ 2 Abs.1,  SGB IX) folgendermaßen definiert:
,,Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, ihre geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn eine entsprechende Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Dabei spielt es keine Rolle, ob die genannten Beeinträchtigungen angeboren, Folgen eines Unfalls oder einer Krankheit sind. Maßgeblich ist auch nicht die Schädigung bzw. Beeinträchtigung selbst, sondern deren Auswirkungen in den verschiedenen Lebensbereichen."


Eine Schwerbehinderung wird laut Sozialbuch (§ 2 Abs.2,  SGB IX) folgendermaßen definiert:
,,Menschen sind im Sinne des Teils 2 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben."


Um eine Behinderung bzw. Schwerbehinderung anerkannt zu bekommen, muss beim jeweiligen Versorgungsamt ein Antrag gestellt werden. Das Versorgungsamt legt dann den Grad der Behinderung/Schwerbehinderung fest. Ab 50 % gilt man als schwerbehindert.
Liebe Grüße Ann

Ann

#1
In dem Antrag können alle Erkrankungen angegeben werden. Da nach behandelten Ärzten der letzten zwei Jahren gefragt wird, sollte man seinen Arzt (oder Ärzte) darüber informieren, dass man einen Antrag stellt bzw. einen gestellt hat. Falls vorhanden, sollten Unterlagen zum Gesundheitszustand mit eingereicht werden.
Das Versorgungsamt schreibt die jeweiligen Ärzte an, um weitere oder fehlende Berichte zu bekommen.

Von dem Versorgungsamt erhält man einen Bescheid mit dem Grad der Behinderung (GdB) und den Diagnosen, der zu dem Grad geführt hat.
Ab einem GdB von 50 erhält man zusätzlich einen Schwerbehindertenausweis.

Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung werden in 10-ner Schritten in Grad, (20 – 100) als ,,Grad der Behinderung" (GdB), angegeben.

Je nach Schwerbehinderung ist der Schwerbehindertenausweise mit einem Merkzeichen versehen, beispielsweise G für erheblich gehbehindert, Bl für blind.

Als Schwerbehinderter hat man unter anderem bestimmte finanzielle Vergünstigungen und es können bestimmte Leistungen, sogenannter Nachteilsausgleich (siehe unten) in Anspruch genommen werden.


Der Grad der Behinderung (GdB) :
beziffert die Schwere der Behinderung und wird durch das jeweilige Versorgungsamt festgestellt (oder vorher durch z.B. einen Rentenbescheid)
Bei mehreren Erkrankungen werden die GdB- Werte NICHT addiert.

Grad der Schädigungsfolgen (GdS) :
Während sich der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig ihrer Ursache bezieht, werden beim GdS nur Schädigungsfolgen in Betracht gezogen.
Die Bezeichnung GdS wird im sozialen Entschädigungsrecht verwendet, die Bezeichnung GdB im Schwerbehindertenrecht (SGB IX).

Versorgungsmedizinische Grundsätze :
Bei der Feststellung der Behinderung dienen die "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen" als Orientierung, die Berechnung des GdB/GdS ist Einzelfall abhängig.
Beim Bundesjustizministerium können diese  "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" unter
//www.gesetze-im-internet.de/versmedv/anlage_8.html
eingesehen werden.

Bemessung
Hier gilt die tatsächliche Leistungseinschränkung durch die Erkrankung bzw. Behinderung unter Berücksichtigung der Funktionseinschränkungen im Alltag.
Die GdB von mehreren Erkrankungen werden dabei nicht addiert.
Entscheidend sind die jeweiligen Funktionsbeeinträchtigungen, bzw. deren Auswirkungen.

Antrag auf Erhöhung / Verschlimmerungsantrag :  
Verschlimmert sich der Gesundheitszustand oder kommt eine weitere Erkrankung hinzu, kann ein Antrag auf Erhöhung des GdB/ Verschlimmerungsantrag gestellt werden. Anträge gibt es beim Versorgungsamt oder können online runtergeladen werden.

Dauer :
manche Schwerbehindertenausweise werden nur befristet ausgestellt, nach Ablauf der Frist kann der Ausweis zweimal ohne besondere Formalitäten beim Versorgungsamt verlängert werden.
Es gibt auch Ausweise die unbefristet sind.
Liebe Grüße Ann

Ann

#2
Nachteilsausgleich sind z.B.
- steuerliche Vorteile : ab einer Behinderung von 30 GdB gibt es einen Freibetrag aufgrund der Behinderung, der beim Finanzamt beantragt werden muss. (Z.B. bei der Einkommensteuererklärung) Je höher die Behinderung, je höher ist der Freibetrag
- je nach GdB ermäßigter Rundfunkbeitrag bei bestimmten Behinderungen
- je nach GdB bestimmte Rabatte (z.B. beim ADAC / Telefonanbieter / Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel)
- besonderer Kündigungsschutz
- unter Umständen Zusatzurlaub von 5 Tagen
- Möglichkeit früher in den Ruhestand zu gehen
- bei GdB von 30, aber unter 50 kann eine Gleichstellung beantragt werden

Die komplette Liste der Nachteilsausgleiches je nach Behinderungsgrad:
http://www.betanet.de/download/tab3-gdb-nachteilsausgl4.pdf


Gleichstellung bedeutet :
Menschen mit einer Behinderung unter 50 GdB ( jedoch mindesten 30 GdB) können bestimmte Rechte (Nachteilsausgleiche) erhalten, die sonst bei einer Schwerbehinderung ab 50 GdB gelten.
Diese Gleichstellung kann bei der Agentur für Arbeit beantragt werden.

Es können nicht alle Nachteilsausgleiche wie bei Schwerbehinderten in Anspruch genommen werden.

Eine Gleichstellung bietet :
- erweiterten Kündigungsschutz
- besondere Einstellungs-/ Beschäftigungsanreize für Arbeitgeber durch
Lohnkostenzuschüsse
- Berücksichtigung bei der Beschäftigungspflicht,
- Hilfen zur Arbeitsplatzausstattung,

Gleichgestellte haben aber:
- keinen Anspruch auf Zusatzurlaub und
- keinen Anspruch auf vorgezogenen Ruhestand wegen Schwerbehinderung


Gleichgestellt werden kann:
- bei einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 oder 40 (Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes)
- wenn wegen der Behinderung ein geeigneter Arbeitsplatz (im Sinne von § 73 SGB IX) nicht erlangt oder nicht behalten werden kann ( gilt nicht für Personen, die weniger als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt sind )
Liebe Grüße Ann

Ann

#3
Schwerbehinderung ab 50 GdB

Bei einer Behinderung von 50 GdB bekommt man einen Ausweis zum Nachweis der Schwerbehinderteneigenschaft und mit Angabe des Grades der Behinderung.

Die Rechte aus dem Schwerbehindertengesetz:
Besonderer Kündigungsschutz
- die Kündigungsfrist beträgt bei Schwerbehinderten mindestens vier Wochen
- die Kündigung durch den Arbeitgeber erfolgt der vorherigen Zustimmung/Prüfung der Hauptfürsorgestelle. Stimmt die Hauptfürsorgestelle dem Antrag des Arbeitgebers nicht zu, darf eine Kündigung nicht ausgesprochen werden
- eine außerordentliche (fristlose) Kündigung erfolgt ebenso der vorherigen Zustimmung der Hauptfürsorgestelle. Die Zustimmung wird jedoch erteilt, wenn die Kündigung aus einem Grund erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht
- Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches

Zusatzurlaub
Schwerbehinderte haben Anspruch auf einen bezahlten Urlaub von fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr.

Schwerbehindertenvertretung
In Betrieben oder Dienststellen, in denen wenigstens fünf Schwerbehinderte, nicht nur vorübergehend, beschäftigt sind, ist eine Schwerbehindertenvertretung zu wählen.


Quellen und weitere Infos unter:
http://www.betanet.de/betanet/soziales_recht/Behinderung-348.html

http://www.myhandicap.de/schwerbehinderung.html

http://www.schwbv.de/
Liebe Grüße Ann